Zurück in die Zukunft?!
Zurück in die Zukunft?
Es gibt wenige Nachrichten, die bei hartgesottenen KFC Fans einschlagen wie eine Bombe. Doch an Nikolaus lag eine besondere Überraschung im Stiefel, mit der viele langfristig gerechnet haben, die dennoch zu ihrem Zeitpunkt, insbesondere aber in ihrer Art überraschend kommt. Mikhail Ponomarev wird den Verein – spätestens – am Saisonende verlassen. Der Chef wirft hin. Und kommuniziert dies in einem WZ Interview. Nicht über eine Mail an die Mitglieder, nicht über ein Statement auf der Homepage. Ein WZ Interview musste als Bote herhalten. Das ist in dieser Art schon bemerkenswert und überraschend.
Mikhail Ponomarev gebürt großer Dank. Er hat geschafft, woran andere über Jahre vor ihm gescheitert sind: den KFC Uerdingen in den bezahlten Fußball zurückzubringen. Der sensationelle Doppelaufstieg von der Oberliga bis in die dritte Liga wird für immer mit seinem Namen verbunden sein und nicht nur in die Geschichtsbücher des Clubs eingehen, ist der KFC doch der erste Verein gewesen, dem dieses Kunststück in der Weststaffel gelang. Mannschaften, die für die Oberliga und Regionalliga so gut besetzt waren, wie vorher und nachher keine andere Mannschaft. Fußball – zumindest vor der dritten Liga - , der endlich wieder Spaß gemacht hat (bis auf Ausnahmen, die natürlich auch nicht verschwiegen werden dürfen).
Dabei musste Ponomarev in den letzten Jahren viel einstecken und große Widerstände aus dem Weg räumen. Mit dem Aufstieg bzw. den Relegationsspielen fiel auf einmal auf, dass die Grotenburg nicht mehr für Profifußball tauglich ist. Alternativen musste der KFC in Eigenregie suchen und bezahlen. Der Ausbau bzw. die Renovierung des Stadions zog und zieht sich immer noch weiter, so dass Ponomarev auch auf dem letzten Fan-Hearing die Stadt nochmals unter Druck setzte. Hierfür erhielt er ebenfalls viel Kritik. Im Nachhinein zeigt sich jedoch, dass diese Kritik nicht in vollem Umfang berechtigt war. So liegt, entgegen der damaligen Aussagen des Oberbürgermeister, nun doch kein unterschriftsreifer Vetrag vor, da noch gar nicht über die Höhe der Miete gesprochen wurde. Auch der Zeitpunkt der Fertigstellung der Instandsetzungsmaßnahmen wurde vom KFC angezweifelt. Wie sich herausstellt: zurecht. Dass hier zum Teil Unwahrheiten auch von der Stadt kommuniziert wurden und der KFC somit im schlechten Licht dastand, wurde bisher beispielsweise noch gar nicht thematisiert. Doch Ponomarev ist nicht nur an diesen Einflüssen gescheitert. Sein Projekt ist vor allem an ihm selbst gescheitert.
Dennoch: die Außendarstellung war und ist katastrophal, auch wenn sich die Pressearbeit in den letzten Monaten deutlich verbessert hat. Viele Auftritte Ponomarevs sorgten für Kopfschütteln und auch der Umgang mit Spielern und Verträgen hat den KFC immer wieder vor enorme Herausforderungen gestellt. Solange Spieler und Angestellte Gelder die ihnen zustehen regelmäßig vor Gericht erstreiten müssen, wird ein Verein nicht attraktiver. Seriöses Geschäftsgebahren sah immer anders aus. Auch die Tatsache, dass Ponomarev sich nie dazu durchringen konnte, den Verein operativ zu professionalisieren und Verantwortung zu delegieren sondern lediglich in Beine zu investieren hat zu dem jetzigen Ergebnis geführt. Eine sportliche Weiterentwicklung wurde hierdurch in den letzten Jahren verhindert, da sowohl die Trainer- als auch die Spielerfluktuation dafür zu hoch war und kein sportlicher Leiter mit entsprechender Kompetenz und Direktive beim KFC die Fäden in der Hand hielt. War es letzte Saison Heiko Vogel, der einen zu großen (negativen) Einfluss auf die Team-Zusammensetzung hatte ist es in dieser Saison Stefan Krämer, der mit einigen Entscheidungen und Aussagen bezüglich der Kaderzusammenstellung für Kopfschütteln gesorgt hat. Die aktuelle sportliche Situation wollen wir hiermit gar nicht weiter in Betracht ziehen. Eine professionelle Struktur hätte nicht nur viele Negativschlagzeilen verhindert, sie hätte auch höhere Chancen auf Erfolg gehabt.
Nun steht der KFC, Jahre nach Ponomarevs Einstieg, zwar in der Dritten Liga und ist im bezahlten Fußball zurück, hat sich aber seitdem nicht weiterentwickelt. Bei allem Dank und allen Träumen gehört auch das zur Bilanz Ponomarevs.
Dass er nun seine Anteile verkaufen möchte ist sein gutes Recht. Dass er sein Versprechen an die Fans, den Verein geordnet und zukunftsfähig zu übergeben einhalten will ist vernünftig und gehört sich so. Über die Zukunftsfähigkeit wird nun entschieden.
Dem Vernehmen nach handelt es sich um eine Gruppe armenischer Investoren, die bereit sind, Ponomrevs Anteile am KFC Uerdingen zu kaufen. Hiermit geht nicht nur Hoffnung sondern auch Sorge einher. Was passiert mit dem Verein, wie stellt sich dieses Team auf, welche Ziele haben die Investoren (neben einer Rendite)?
Um Zurück in die Zukunft zu kommen und den Verein auf dem Weg im Profifußball weiter zu führen bedarf es nun einer klaren Professionalisierung auf allen Ebenen. Mit dem Weggang Ponomarevs stehen nun Türen auf für neue Investoren, die ihre eigene Idee umsetzen und den Verein in ruhigeres Fahrwasser führen können. Es bedarf eines operativen Teams, welches einem Profi-Verein würdig ist. Über die letzen Jahre war es immer eines der größen Probleme, dass die Mannschaft hinter der Mannschaft quantitativ sehr schlank war. Ein Profi-Verein lässt sich nicht mit 4-5 Leuten erfolgreich führen. Es bedarf einer klaren Strategie mit Meilensteinen, wann welcher Schritt erreicht und umgesetzt werden soll.
Doch auch in der Außendarstellung und in der Kommunikation muss ein möglicher neuer Investor Verbesserungen aufweisen. So muss zum einen die Kommunikation zur Stadt Krefeld und innerhalb der Stadt Krefeld verbessert werden. Eine Außendarstellung, die auch neutralen Zuschauern ermöglicht Spiele zu besuchen und darauf aufmerksam zu werden aber auch der konstruktive Austausch mit sog. Stakeholdern der Stadt um Profifußball weiter in Krefeld etablieren und erfolgreich(er) sein zu können. Doch auch von der Stadt muss erwartet werden dürfen, den ranghöchsten Fußballverein Krefelds weiter zu unterstützen und in dieser Zeit alles in ihrer Macht stehende zu tun, Profifußball in Krefeld zu retten. Hierzu zählt auch, dass der Verein endlich als Wirtschaftsfaktor für die Stadt und Region gesehen wird, der nicht nur ein ungeliebtes Stiefkind bildet sondern – gemeinsam mit der Krefeld Pinguine GmbH – die Außendarstellung im Krefelder Sport positiv beeinflusst. Mit der Modernisierung der Grotenburg ist ein erster wichtiger Schritt getan. Doch es braucht noch mehr: Platz für die Jugenmannschaften, ein „zu Hause“ für Fans und perspektivisch nicht zuletzt ein Nachwuchsleistungszentrum. Investoren können hierbei helfen, diese Stätten zu errichten. Doch den Platz muss die Stadt Krefeld zumindest zur Verfügung stellen. Kompensationmodelle müssen im Hintergrund verhandelt werden.
Nicht zuletzt muss auch Mikhail Ponomarev seinen Teil leisten, den Übergang geordnet und seriös zu gestalten. Zu seinen Pflichten gehört es, die aktuell laufende Saison und alle Verbindlichkeiten des Vereins weiter zu bedienen und eine Finanzierung so lange sicherzustellen, bis der Übergang zu den neuen Investoren geglückt ist und diese das Ruder übernehmen können. Nur so kann es gelingen, den letzten Funken Vertrauen innerhalb der Stadt nicht zu verspielen und auch die aktuelle Spielzeit nicht noch weiter zu gefährden. Auch mit Blick auf die Abstimmung am Mittwoch im städtischen Rat sowie laufende Bauprojekte ist eine Sicherheit für alle Beteiligten wichtig.
Mit neuen Kräften und einer gemeinsamen, geduldvollen Kraftanstrengung kann es gelingen, weiterhin Profifußball in Krefeld zu sehen und „auf zu neuen Ufern“ zu steuern. Alle (zukünftig) Beteiligten müssen an einem Strang ziehen und Vergangenes vergangen sein lassen. Der Fokus muss auf der Zukunft liegen und darauf, das bestmögliche zu erreichen. Nur so kann es gelingen, zurück in die Zukunft zu kommen und die Drittligasaison 2020 / 2021 nicht auf ewig die letzte sein zu lassen.
Für Krefeld. Für den KFC!